Der Club Voltaire, seit vielen Jahren einer unserer Veranstaltungsorte, ist nicht nur wie andere Einrichtungen und Initiativen der freien Kulturszene durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie stark betroffen. Zu allem Überfluss fordert nun auch die Frankfurter CDU in ihrem Programm zur Kommunalwahl am 14. März 2021, dem Club sämtliche städtischen Mittel zu streichen. Wir haben zusammen mit dem Verein Business Crime Control, mit dem wir im Club Matineen zu politischen und kulturellen Themen veranstalten, die anderen Fraktionen im Römer um eine Stellungnahme gebeten. Mit positivem Ergebnis: Die Fraktionen der SPD, der Grünen, der Linken und die Stadtverordneten von ÖkoLinX und „die Frankfurter“ lehnen jegliche Kürzung der Zuschüsse für den Club Voltaire ab und betonen die Notwendigkeit, den freien Diskurs und die kulturelle Vielfalt in der Stadt zu erhalten und zu fördern.
Hier unsere Anfrage an die Parteien und die Pressemitteilung dazu:
Anfrage an die Fraktionen in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung
Die Corona-Pandemie und die gegen sie ergriffenen Maßnahmen haben das kulturelle Leben auch in Frankfurt erheblich beeinträchtigt. Kultur und Kunst gelten als nicht „systemrelevant“, wurden dem Freizeitbereich zugeordnet und durch den Lockdown in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt. Künstlerisch tätige Selbständige, die freie Szene, kleine Vereine und kulturelle Initiativen leiden am meisten unter den Einschränkungen.
In dieser Situation, in der es darauf ankäme, bestehende Hilfen und Förderungen aufrecht zu erhalten, fordert die Frankfurter CDU in ihrem Programm zur Kommunalwahl am 14. März 2021 die Streichung sämtlicher städtischen Zuschüsse für einen traditionsreichen, seit über einem halben Jahrhundert existierenden Ort für kulturelle Aktivitäten und freie Diskussion. Begründet wird das damit, der Club Voltaire habe „antisemitischen Bewegungen eine Bühne gegeben“. Diese Behauptung der CDU wird vom Vorstand des Club Voltaire zurückgewiesen, auch mit Hinweis auf das ständige Engagement des Clubs gegen alle Formen von Rassismus und Diskriminierung.
Die Forderung der CDU erscheint in einem merkwürdigen Licht, wenn man das vielfältige Programmangebot des Club Voltaire betrachtet und bedenkt, dass er einer ganzen Reihe von Organisationen und Initiativen Räume für ihre Aktivitäten zur Verfügung stellt. Bei einer Einstellung der städtischen Förderung wären sie mitbetroffen, würden in ihrer Arbeit behindert und geschädigt.
Der gemeinnützige Verein KunstGesellschaft bietet wegen der günstigen Mietpreise für Räume und der nicht am Kommerz orientierten Gastronomie seit langem im Club Voltaire Veranstaltungen an. Seit Jahren veranstaltet die KunstGesellschaft hier zusammen mit dem Verein Business Crime Control monatliche Matineen zu politischen und kulturellen Themen. Ein Schwerpunkt dabei ist die Auseinandersetzung mit den antidemokratischen Bestrebungen der Neuen Rechten, mit Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Einige Beispiele für unsere Matineen im Club Voltaire: „Rechts macht auf links – Die national-soziale Gefahr“ mit Prof. Dr. Klaus Dörre, Juli 2018; „Mandat zur Rolle rückwärts – Was bewirkt die AfD in den Parlamenten?“ mit Prof. Dr. Benno Hafeneger, Oktober 2018; „Antisemitismus im Deutschland der Gegenwart“ mit Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber, November 2019; „Was heißt ‚israelbezogener Antisemitismus‘?“ mit Prof. Dr. Micha Brumlik, Oktober 2020; „Rechte Allianzen bedrohen die offene Gesellschaft – Über die Wandlungs- und Lernfähigkeit des rechten Spektrums“ mit Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer, Dezember 2020.
Will die Frankfurter CDU durch die Einstellung der Förderung des Club Voltaire aus städtischen Mitteln in Kauf nehmen, dass solche Veranstaltungen künftig in bezahlbaren Räumen in der Frankfurter Innenstadt nicht mehr möglich sind? Wer hat eigentlich einen politische Nutzen von der Forderung der CDU? Nach Lage der Dinge könnten die AfD, andere rechte Gruppierungen und ihre Sympathisanten am meisten davon profitieren, wenn sie umgesetzt würde.
Wir bitten Sie um eine Stellungnahme zu dieser Forderung der CDU.
Frankfurt am Main, 11. Februar 2021
Vorstand von Business Crime Control e.V. Vorstand der KunstGesellschaft e.V.
Pressemitteilung
Dem Club Voltaire sämtliche städtischen Mittel zu streichen, da er „antisemitischen Bewegungen eine Bühne geboten“ habe, ist dem Kommunalwahlprogramm der Frankfurter CDU zu entnehmen. Dagegen wehrt sich der Vorstand des Club Voltaire und hat diese Behauptung der CDU zurückgewiesen.
Die Vereine Business Crime Control und KunstGesellschaft veranstalten seit Jahren im Club Voltaire Matineen, u.a. auch zu den Themen Neue Rechte, Rassismus und Antisemitismus. Sie baten daher die anderen Fraktionen im Römer um eine Stellungnahme zu der Forderung der CDU. Das Ergebnis: Für die Fraktionen der SPD, der Grünen, der Linken sowie die Stadtverordneten von ÖkoLinX und „die Frankfurter“ bietet der Club Voltaire ein Zuhause für die freie Kulturszene, gestalterische Initiativen und den offenen gesellschaftlichen Diskurs und ist somit eine wichtige Institution der Stadtkultur. Sie lehnen jegliche Kürzung der Zuschüsse für den Club Voltaire ab und betonen dabei die Notwendigkeit, dieses Forum in der Stadt zu erhalten und zu fördern. „Die Partei“ übt Kritik an einigen Veranstaltungen des Clubs und plädiert dafür, die Zuschüsse zu kürzen.
Wir begrüßen, dass die Mehrheit der in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien positiv auf unsere Anfrage geantwortet hat. Das lässt hoffen, dass bei der Kommunalwahl auch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler mit ihrer Stimmabgabe ermöglicht, das traditionsreichste soziokulturelle Zentrum der Stadt weiter mit städtischen Mitteln zu unterstützen und dass der Angriff der CDU auf die freie Kulturszene und die Meinungsvielfalt nicht erfolgreich sein wird.
Vorstand von Business Crime Control e.V. Vorstand der KunstGesellschaft e.V.
Frankfurt am Main, 21. Februar 2021